Versteckte Dankbarkeit und eine Bitte

Am letzten Sonntag war Muttertag. Am Vorabend hatte ich mit meiner Mutter und meiner Schwester eine Diskussion darüber, was uns der Muttertag bedeutet. Wir alle drei waren der Meinung, dass der Muttertag für uns nicht so wichtig ist, insbesondere in Zeiten, wo unsere Partner genau so ihre Beiträge zum Familienalltag leisten und für die Kinder da sind.

Nun war er also doch wieder da, der alljährliche Muttertag und ich bekam von meinen Kindern wie jedes Jahr die in der Schule mit Liebe gebastelten Geschenke – und war wie jedes Jahr gerührt :-).  Gerührt und überrascht hat mich die Karte meiner Tochter, die mit vielen Herzen in Regenbogenfarben verziert war. Sie bedankte sich nämlich darin nicht fürs Kochen, Putzen und Zimmer aufräumen, sondern schrieb: „ich hoffe, dass du mich wieder ins Bett bringst.“ Nun muss man dazu wissen, dass es unsere Tochter am liebsten hat, wenn ich sie ins Bett bringe und dann so lange bei ihr am Bett bleibe, bis sie einschläft – vorzugsweise noch mit Füsse massieren oder „Rügge chräbele“. Für mich ist das zeitweise jedoch eine echte Überwindung, da ich meistens um diese Uhrzeit das Bedürfnis habe, meinen Feierabend zu geniessen und die Füsse aufs Sofa zu legen.

Und jetzt bekomme ich also zum Muttertag eine Bitte von meiner Tochter geschenkt und werde mir auf einmal bewusst, wie wichtig für sie dieses Ritual ist. Ich kann mir erst jetzt vorstellen, wie dankbar sie ist, wenn ich sie ins Traumland begleite und merke, wie Dankbarkeit doch verschiedene Gesichter hat. Sie zeigt sich eben nicht nur in einem ausgesprochenen „Danke“ oder einer Karte oder einem Geschenk. Sie kann sich auch verstecken und wenn ich sie dann aber entdecke, ist sie umso wertvoller. 

So gesehen, war dieser Muttertag für mich ein ganz spezieller. Ich habe mir zwei Dinge für die nächste Zeit vorgenommen: als Erstes werde ich meiner Tochter sagen, dass ich verstanden habe, wie dankbar sie ist und mit ihr aushandeln, wie wir dennoch unsere beiden Bedürfnisse befriedigen können: ihres nach Begleitung ins Traumland und meines nach Erholung am Feierabend – ich bin gespannt, welche Ideen wir dazu entwickeln. Und als Zweites werde ich mich achten, wo ich überall versteckte Dankbarkeiten entdecke – und mich darüber freuen!

Welche versteckten Dankbarkeiten hast du in letzter Zeit entdeckt? Ich freue mich, wenn du sie mit uns teilst!

 

Zukunft wird erschaffen und lässt sich verhandeln (Steve de Shazer)

An einem Samstag wollten wir unsere Bedürfnisse mit denjenigen unserer Kindern abgleichen um den Tag zu planen. Unsere Tochter (7) meinte, sie möchte nicht mit uns einkaufen gehen und als es um das Mittagessen ging meinte sie, sie möchte alleine zu Hause bleiben und selbständig das Mittagessen kochen. Schliesslich habe sie im Kindergarten schon Hörnli gekocht. Ebenso hätte sie schon mehrfach beim Kochen geholfen. Ihr Bruder (11) war Feuer und Flamme dafür und wollte seine Schwester dabei unterstützen.

Ich traute dies den beiden Kindern zu, Astrid hatte jedoch das Bedürfnis nach etwas mehr Sicherheit und wollte die Kinder noch nicht alleine zu Hause kochen lassen. Unsere Tochter wollte jedoch auf keine andere Variante eingehen und stellte ihr Bedürfnis nach Selbständigkeit klar: sie wollte mit ihrem Bruder alleine zu Hause kochen und essen.

Ich fragte unsere Kinder ob es für sie denkbar wäre, dass wir zu Hause blieben und so zu tun würden, als wären wir gar nicht da. Uns würde dies Sicherheit geben und wir könnten dann schauen, wie es wirklich läuft. Wir versprachen, dass wir nur eingreifen, wenn es nötig wäre oder wenn sie Unterstützung benötigen. Beim Essen würden wir dann so tun, als wären wir einfach Gäste im selben Restaurant. Für unsere Tochter, unseren Sohn, Astrid und mich war es so in Ordnung.

Die beiden haben dann mit Kochen begonnen, benötigten lediglich bei der Mengenberechnung ganz wenig Unterstützung. Sie boten uns zudem an, dass wir auch noch ein paar Hörnli bekommen, wenn sie zu viel gekocht hätten ;-). Sie bereiteten die Teigwaren zu und deckten den Tisch. Danach setzten sie sich, machten Musik und begannen zu essen. Astrid und ich haben uns ebenfalls etwas Kleines zu Essen bereitet. Als wir an den Tisch sassen meinte ich zu den beiden, ob sie die Musik etwas leiser schalten könnten – da wir ja im Restaurant waren. Sie machten die Musik etwas leiser :-).

Nachdem die Kinder ihr Mahl beendet hatten, stellten sie fest, dass sie jetzt ja noch den Abwasch machen müssten, da ihre Eltern ja nicht anwesend seien. Sie erledigten diese Aufgaben auch selbständig und hinterliessen dies Küche ordentlich und sauber. Das Geschirr wurde abgewaschen und in die Maschine gestellt.

Astrid und ich hatten danach die Sicherheit, dass wir in Zukunft unsere Kinder selbständig Hörnli kochen lassen können. Wie unsere Kinder das gemacht haben, hat unsere kühnsten Hoffnungen übertroffen und wir sind sehr optimistisch, glücklich und dankbar.

Wir sind überzeugt, dass mit Bedürfnisfokussierung und gewaltfreier Kommunikation die Zukunft gemeinsam erschaffen und verhandelt wird. In diesem Beispiel aus unserem Familienleben sind neue Möglichkeiten für die Zukunft entstanden – für uns immer auch kleine Zeichen des Fortschritts!

Und wie verhandelst und erschaffst du deine Zukunft ? Wir freuen uns auf deine Geschichte.

Ärgertanz und „was ist wirklich“…

Nach einer Woche wunderbar aktiver Skiferien startete ich mit voller Energie in den Geschäftsalltag. Ich hatte am Morgen zu Hause eine Liste erstellt, wann es für mich ein guter Start in die Arbeitwoche ist und schon vor den Ferien eine Übersicht gemacht, wo die Prioritäten lagen. Ich nahm diese Liste beim Start zur Hand, führte ein erstes Gespräch und bearbeitete die Mails.
Am späteren Morgen erhielt ich eine Nachricht, in welcher es auch um meine Person ging und die mich im ersten Moment sehr betroffen machte – diese Betroffenheit entwickelte sich bald zu einem regelrechten Ärger! Wie sollte ich mit dem Ärger umgehen? Ich probierte erste Massnahmen, indem ich mir sagte „das hat nichts mit mir zu tun – ich bin nur Auslöser“. Ich konnte nicht sitzen bleiben, war aufgebracht und lief im Büro umher. Um etwas Abstand zu gewinnen, entschied ich mich, anstatt in der Firma zu essen, nach Hause zu gehen. Die Kinder waren bei den Grosseltern und meine Frau im Ausland, also hatte ich einen Raum für meine Verarbeitung. Ich fragte mich noch, wer oder was mich zuversichtlich stimmen konnte, um aus dem Ärger zu kommen und schrieb meiner Frau ein sms, in dem ich meine Gefühle äusserte.

Im Auto startete ich mit meinem „Ärgertanz“ und lies meinen Ärger in voller Blüte laut raus, versuchte mir selber dabei zuzuhören, zu erkennen, welches Bedürfnis nicht erfüllt war und welches Gefühl dieses nicht erfüllte Bedürfnis bei mir auslöste. Eine erste Bitte an mich selbst konnte ich schon bald formulieren. Während der Fahrt konnte ich ein bis zwei Durchläufe des Ärgertanzes machen. Zuhause angekommen, konnte ich das Bedürfnis nach Respekt/Vertrauen erkennen, was zu Gefühlen wie Traurigkeit und Enttäuschung führte. Ich bat mich selber, auf all mein Wissen und meine Haltung zu vertrauen und die Nachricht ganz genau zu prüfen – „Andy, bitte prüfe die Nachricht fokussiert und achtsam und in der Haltung der gewaltfreien lösungsfokussierten Kommunikation. Was beinhaltet die Nachricht wirklich“. Dies hat geholfen, dass sich mein Ärger körperlich spürbar abgebaut hat. Ich war bereit, am Nachmittag gelöst an die Arbeit zu gehen.

Mit dem Ansatz: „was ist wirklich“ und ohne im Ärger zu bleiben, konnte ich schnell für mich erkennen, dass die Nachricht zwar einen bestimmten Inhalt hatte, der von jemandem erstellt wurde. Es war einfach dieser Inhalt, mehr nicht. Ich konnte die Nachricht somit gut und konzentriert verarbeiten und mit innerlicher Ruhe direkt eigene Massnahmen treffen, welche mir das Bedürfnis nach Sicherheit und Klarheit sowie Vertrauen in mich selbst gaben. Ich konnte spüren, wie mir dies weiter die Energie zurück gab, welche ich am Morgen hatte – oder sogar mehr.

Ich war beeindruckt, wie rasch ich diese Nachricht und meinen Ärger für mich verarbeiten konnte. Der zwar nur kurze mündliche Nähe und Richtung gebende Austausch über Mittag mit meiner Frau Astrid gab mir zusätzliche Zuversicht und Raum (ganz nach dem Motto: wer oder was gibt dir Zuversicht deiner erwünschten Zukunft näher zu kommen? Und was noch? -> Lösungsfokussierung). Weiter half mir dabei die Haltung, dass jede/r von uns einen guten Grund für ihre/seine Handlungen hat und ich damit nicht einverstanden sein muss. Für meine Gefühle und Bedürfnisse bin ich verantwortlich, das heisst, wenn ich im Ärger bin, hat dies nur mit mir zu tun, auch wenn dieser von etwas anderem ausgelöst wird. Ich bin im Ärger nicht gleich fokussiert unterwegs wie ohne. Am Abend konnte ich meine Liste „abhaken“ und war mit mir sehr zufrieden.

Wie gehst du mit deinem Ärger um? Erkennst du auch „was wirklich ist“…? Falls du Details zum Ärgertanz, zu „was ist wirklich“, zur Haltung hinter gewaltfreier Kommunikation und Lösungsfokussierung oder zu Tools erfahren willst, melde dich bei uns. Es funktioniert in allen Lebensbereichen! 🙂

 

 

Wertvolle Denkräume

Vor einiger Zeit bekam ich von einer lieben Bekannten einen Buchtipp: Nancy Kline – Time to think. Ich kaufte mir das Buch und las es, total begeistert vom Ansatz. Nancy Kline zeigt Möglichkeiten auf, wie wir andere dabei unterstützen können, eigenständig zu denken. Dank einer experimentierfreudigen Kollegin hatte ich bald schon die Möglichkeit, den Denkraum auszuprobieren und seither schenken wir uns gegenseitig alle paar Wochen eine Stunde Denkraum: eine von uns hört aufmerksam und mit viel Wertschätzung zu, stellt ganz wenige Fragen, die andere erhält die unvergleichlich wertvolle Möglichkeit, ihren Gedanken freien Lauf zu lassen und so im eigenen Denken die eigenen Lösungsmöglichkeiten zu erforschen und neue Erkenntnisse an die Oberfläche zu befördern.

Gerade heute hatte ich wieder die Möglichkeit, für meine Kollegin den Denkraum aufzumachen und zu halten und es war auch heute wieder faszinierend, wie viel Tiefe, wie viel Einsicht, wie viele neue Gedanken sie entwickelte. Vor einigen Monaten hat sie mir einen Denkraum angeboten und ich wollte damals über ein Thema nachdenken, das mich seit Jahren beschäftigt und bei dem ich immer bis zu einem bestimmten Punkt kam, aber nicht weiter. Nach einiger Zeit und einer Schlüsselfrage hatte ich glasklar vor mir, wie ich dieses Thema weiterbringen kann. Es fühlte sich unglaublich an, ein dicker Knoten, den ich geöffnet hatte, was in mir ein unglaubliches Gefühl von Freiraum und Erleichterung auslöste. Und das alles nur, weil ich die Möglichkeit gehabt habe, eigenständig und ohne Zeitdruck zu denken und in meinen Gedanken eine Ebene tiefer zu gehen – in einem sehr vertrauensvollen, wertschätzenden und aufmerksamen Rahmen.

Bist du interessiert, deinen Denkraum zu öffnen und dir etwas Zeit zum Nachdenken zu nehmen? Wir begleiten dich sehr gerne in deinem Denkraum und schenken dir unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, Wertschätzung und ab und zu eine Frage. Melde dich bei uns! info@focus-mensch.ch