Ärger zu Besuch beim Nachtessen

Diese Woche wurde mir vor dem Abendessen sehr rasch klar, dass die Stimmung in unserer Familie schon etwas angespannt war. Dies zeigte sich darin, dass unsere Tochter, unser Sohn und auch Astrid sich in einer negativen Spirale befanden. Gewisse Blicke waren «dumme» Blicke, unter dem Tisch wurde mit den Füssen getreten und die Sprache war sehr wertend und zum Teil auch beleidigend. Der Ärger wurde bei allen von Sekunde zu Sekunde spürbar und erkennbar stärker und endete im Weggang unserer Tochter ins Büro, mit Türe knallen und dem Kommentar: «Ich halte es so nicht mehr aus». Der Sohn und Astrid blieben zuerst sichtlich verärgert am Tisch sitzen, jeder sagte dann eine Zeit lang nichts. Ich schaute von Anfang an zu und beobachtete die Situation ohne diesmal selbst in Ärger zu kommen. Ich konzentrierte mich auf die Aktionen und Reaktionen und versuchte herauszufinden, welche Ressourcen gerade sichtbar wurden. Mit dem Einwerfen von eigenen Themen oder Fragen wollte ich den Fokus wechseln, was zu Dritt funktionierte. Ich sah, dass unsere Tochter eine bekannte Strategie für sich wählte, um mit ihrem Ärger umzugehen – nämlich, in einen anderen Raum zu gehen. Unser Sohn hatte die Strategie gewählt, seinen Ärger auszusitzen und kam dann relativ rasch wieder weg von der negativen Emotion. Astrid überlegte sich, vom Tisch zu gehen, was sie dann auch für kurze Zeit umsetzte. So kam sie dann ohne Ärger wieder an den Tisch. Unsere Tochter kam dann auch etwas später wieder dazu an den Tisch und ass ihr Nachtessen auf dem Schoss ihrer Mutter. Der Ärger war für alle «gegessen» und wir konnten den Rest unseres gemeinsamen Abends harmonisch verbringen.

Unsere Tochter fragte mich später beim Zähneputzen:  «Papi, wie hast du es geschafft, vorhin so ruhig zu bleiben?» Weil es sie interessierte, erzählte ich ihr, wie ich damit umgegangen bin und was auch ihr im Umgang mit Ärger zusätzlich helfen könnte. Ebenso sprachen wir über ihre Strategie, den Raum zu wechseln, welche für sie so nützlich war.

Für mich war die Erkenntnis, dass ich so fokussiert war auf die Beobachtung der Situation und bewusst nicht verstehen wollte, was zum Ärger geführt hat, äusserst hilfreich. Ebenso schien es mir, dass meine Bedürfnisse soweit gedeckt waren, dass ich selbst durch all diese Auslöser nicht selbst in die negative Spirale mit abrutschte. Ich hatte einen erfüllten und mich zufriedenstellenden Tag hinter mir.

Wie schaffst du es, in solchen Situationen nicht selbst in die negative Spirale zu kommen? Was sind Deine Strategien im Umgang mit Ärger? Wie schaffst du es nicht in Ärger zu kommen?

Eine kleine Geschichte zu Ärger, jemandem freiwillig das Leben verschönern und einem Geschenk.

Ja, so schnell kann es gehen. Ich habe für den Themenabend „Mensch, ärgere mich nicht“ vom 19.2.2019 eine Facebook Meldung geschrieben und publiziert.  Ich war sehr zufrieden und froh darüber. Als ich die publizierte Meldung dann gelesen habe, stellte ich einen Schreibfehler fest. Mein Gefühl änderte sich schlagartig. Ich ärgerte mich sofort, dass ich mich für den Auftritt gegen aussen nicht genug konzentriert und genug Zeit genommen und die Meldung nicht ein letztes Mal durchgelesen hatte. Mein Bedürfnis nach Entwicklung war nicht gedeckt. Ich sollte dies doch mittlerweile können. Sekunden später kam eine Meldung einer Kollegin, die mitteilte, dass es in der Ausschreibung einen Schreibfehler hat und ob wir diesen allfällig korrigieren möchten. Astrid informierte mich, dass die Meldungen im Nachhinein geändert werden können. Ich war sehr dankbar. Ich änderte den Text, mein Bedürfnis nach Entwicklung war augenblicklich genügend gedeckt und ich war sofort wieder zufrieden und motiviert. Ich hatte tatsächlich gerade etwas dazu gelernt. Die Kollegin hat mir mit der Rückmeldung freiwillig mein Leben verschönert. Was für ein Geschenk.