Self-Coaching – das Experiment

Kürzlich hatte ich einen Austausch mit meinem Vorgesetzten. Ich stieg sehr zufrieden in dieses Gespräch, hatte ich doch in den letzten Wochen einige Dinge in die Wege geleitet, die funktioniert hatten, mit Kollegen ein neues Produkt entwickelt und mit ziemlich viel Gelassenheit eine Stellvertretung übernommen. Eine Stunde später war ich verwirrt, da mein Vorgesetzter eine etwas andere Sicht auf die Dinge hatte als ich. Wir hatten festgestellt, dass wir in einem Punkt überhaupt nicht im gleichen Film unterwegs waren und bei den anderen Punkten machte er mich auf viele Risiken und Gefahren aufmerksam, die mir zwar bewusst waren, denen ich aber nicht so viel Gewicht gegeben hatte.

In den folgenden Tagen wich diese Verwirrtheit einem Frust, denn ich hatte wirklich viel für die Themen gearbeitet und fühlte mich nicht wertgeschätzt und unsicher, was von mir erwartet wird. Um aus dieser Frustration herauszukommen, wagte ich ein Experiment: Self-Coaching.

An einem ruhigen Vormittag setzte ich mich mit Stift und Papier hin und schrieb die erste Frage auf, die ich mir selber stellte:

  • Was kann ich gut?

Dann listete ich alles auf, was ich gut konnte und stellte mir die nächste Frage:

  • Was denken andere, was ich gut kann?

Und wieder Liste und nächste Frage:

  • Was kann mein Vorgesetzter gut?

Ich spürte förmlich, wie meine Anspannung nachliess. Danach folgten noch 3 Fragen an mich selber, die ich gleich beantwortete und mein Frust war einer Zuversicht gewichen, mit der ich optimistisch in die neue Arbeitswoche starten konnte.

Und die Moral von der Geschichte: Jeder sieht die Welt aus seinen Augen und hat aus seiner Sicht Recht. Wenn es mir gelingt, mein Gegenüber wie auch mich selbst in unseren Ressourcen und Fähigkeiten wahrzunehmen, dann schaffe ich damit Möglichkeiten für gemeinsame Realitäten.

Wann hast du das letzte Mal eine Liste mit Dingen erstellt, die du gut kannst?

 

Ein anspruchsvolles Gespräch mit Mitarbeitenden

Gerne teile ich auch meine Erfahrungen im Führungsalltag, von mir in der Rolle als GflK Führungskraft (mit Gewaltfreier lösungsfokussierter Kommunikation).

Ich beobachtete bei einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin, nach verschiedenen Veränderungen im Team / den Strukturen, neue Verhaltensweisen, welche ich bisher so nicht kannte. Es waren verschiedene Aussagen an Sitzungen, eine Änderung für mich im persönlichen Austausch und in der Nähe der Zusammenarbeit sowie innerhalb des Teams. Ich versuchte mein Bedürfnis nach Klarheit zu erhalten, in dem ich diese Person mehrmals zum gegenseitigen Austausch bat. Diese antwortete jedoch, dass sie dies nicht brauche, also mit einem Nein auf meine Bitte.  Dies führte dazu, dass ich irritiert und auch bis am Schluss etwas ärgerlich war. Ein Nein auf eine Bitte ist ja die Aufforderung weiterzumachen. Schlussendlich zeigte ich der Person auf, dass ich nicht damit Leben konnte kein Gespräch zu haben. Dies funktionierte für mich, weil ich der Person sagte, dass ich gerade unsicher sei und ich selbst Klarheit und Verbindung zu dieser Person bräuchte. Diese meinte, sie würde einem Termin zustimmen, auch ohne eigenen Bedarf. Der Termin stand nun also fest, ich war zufrieden.

Das Gespräch lag mir weiter irgendwie auf dem Magen. Ich merkte, wie ich Vorannahmen und Vorurteile in meinem Kopf wälzte. Ich spürte eine gewisse Unruhe und wollte für mich Ruhe und Gelassenheit. Ich grenzte mich ab in dem ich mir sagte, das Verhalten der Person hat nichts mit mir zu tun, irgendein Bedürfnis von ihr scheint nicht gedeckt zu sein. Diese Gedanken und Interpretationen kamen ab und zu wieder hoch und ich arbeitete an mir, weil ich für meine Gefühle und Bedürfnisse selbst verantwortlich bin.

Am Tag des Gespräches merkte ich, dass ich unruhig und unsicher war. Ich merkte auch, wie mein Ärger noch seinen Einfluss auf meine Denkweise nahm. Ich nahm mir am Morgen zu Hause bewusst Zeit um mich auf das Gespräch vorzubereiten. Ich fing an, alleine ein 4 Stuhl Setting durchzuführen, in dem ich auch gleich selbst Resonanzkörper war. Ich sprach die vier Schritte nach GfK aus und beobachtete mich dabei. Ich merkte, dass ich mehrere Anläufe benötigte um überhaupt über die Beobachtung zu kommen ohne das Gefühl zu haben mein Gegenüber zu werten, bewerten oder meinen Interpretationen zu verfallen. Die Beobachtungen führten auch dazu, dass ich die Situation aus verschiedenen Perspektiven sehen konnte. Ich liess während des Prozesses mein virtuelles Seil ab und zu los, fing wieder an und schlussendlich wusste ich, was ich meinem Gegenüber sagen und schlussendlich bitten wollte. Auch die Bitten musste ich mehrfach ausprobieren bevor eine passte. 

Ich merkte, dass mein Ärger doch noch in mir war und auch Anklang. Dies obwohl ich vorher eine für mich erfolgreiche Bitte ausgesprochen hatte. Ich entschied mich mit mir selbst noch einen Ärgertanz/Ärgerwalk durchzuführen. Ich machte diese Schritte auch im Wohnzimmer zu Hause und sprach laut vor mich hin. Ich spürte am Schluss die so wichtige körperliche Entlastung.

Ich fühlte mich nach diesen Schritten sicher, ich war präsent und bei mir.

Am Abend fand das Gespräch statt und zwar mit einem lösungsfokussierten Start, der Vereinbarung an was wir beide merken würden, dass das Gespräch für uns hilfreich oder nützlich wäre. Mein Gegenüber hatte keine speziellen Punkte so äusserte ich einfach meine Punkte. Danach schilderte ich der Person meine Beobachtungen, meine Gefühle, Bedürfnisse und stellte meine Bitte zur Klärung dieser Situation. Mein Gegenüber sprach und ich ging auf den Modus des empathischen Zuhörens über. Ich versuchte die Gefühle und Bedürfnisse des Gegenübers herauszufinden indem ich die gesagten Worte teilweise wiederholte und meine Vorstellungen bezüglich Gefühlen/Bedürfnissen darlegte. Mein Gegenüber meinte einige Male, dass es andere Gefühle und Bedürfnisse seien.  

Und plötzlich tauchte das nicht erfüllte Bedürfnis auf. Ich fragte die Person, ob das entsprechende Bedürfnis denn bei ihr gedeckt wäre. In ihrem Gesicht passierte etwas, ihr Blick war anders, die Augen grösser und sie blickte mir direkt in die Augen. Ja, das sei der Grund. Mein Gegenüber erzählte mir den Grund für dieses für sie nicht ganz gedeckte Bedürfnis. Ich hörte der Person zu und liess sie aussprechen, würdigte ihr Problem. Ich zeigte ihr dann meine eigene Sicht auf die Situation auf, welche scheinbar anders war, als was sie interpretiert hatte. Ich ging dann in die Lösungsfokussierung über und was die Stimmung spürbar positiver veränderte. Ich liess sie zum Abschluss wissen, dass meine persönlichen Bedürfnisse gedeckt seien und ich nun Klarheit hätte sowie meine erwünschte Verbindung zur Person. Wir arbeiteten dann gemeinsam weiter. Das Gespräch hat nicht nur wenig verändert, nein alles!

 

 

Männergefühle

Männergefühle und was mit GfK möglich ist

Meine Kinder besuchten begleitet von mir den Anlass ‚de schnällscht Strengelbacher‘. Die Kinder folgten ihren Bedürfnissen und ich setzte mich, auf zuwinken meiner Nachbarin, an einen Tisch mit mir bekannten und unbekannten Personen. Am Tisch sassen lustiger weise 3 Frauen auf der einen und mit mir nun 3 Männer auf der anderen Seite. Der mir bekannte Mann erzählte von seinen Gefühlen, welche er in Bezug auf seine Frau und seine Kinder hat. Er meinte, die Frauen sollten allgemein die Kinder etwas mehr loslassen, damit die Väter mehr von den Kindern hätten. Es ging auch um Liebe und Beziehungen allgemein. Ich fügte mich ins Gespräch ein und erzählte, dass ich es wichtig finde, wenn auch Männer über ihre Gefühle sprechen und ihre Bedürfnisse äussern könnten. Wir wären ja als Menschen für unsere Gefühle und Bedürfnisse selbst verantwortlich. Die Frauen am Tisch waren sich einig, dass Männer mehr Gefühle und Bedürfnisse äussern sollten. Es zeigte sich auch, dass nicht nur auf die eigenen Bedürfnisse eingegangen werden soll, sondern diese des Gegenübers ebenso wichtig sind, damit sich alle in ihren Bedürfnissen verwirklichen könnten.

Nun kam die 17-jährige Tochter des anwesenden, zur Zeit noch getrennt lebenden, Paares an den Tisch und schien ebenso unseren Gesprächen zu lauschen. Sie kam wie ich beobachten konnte mit ihrer Mutter und ihrem Vater separat ins Gespräch, während das Thema über die Gefühle und Bedürfnisse weiter seinen Lauf nahm.

Als die Tochter sich verabschieden wollte, sagte ihr Vater zu seiner Tochter: ‚Ich möchte eine Umarmung von Dir‘. Die Tochter lachte auf, schaute ihren Vater weiter lachend an. Am Tisch entstand für mich eine ganz spezielle, fast magische Stimmung. Es schien etwas passiert zu sein, was zum Thema passte. Die Tochter lief um den grossen Festbank herum zu ihrem Vater. Beide nahmen sich in den Arm. Danach meinte die Mutter auf der anderen Seite: ‚Ich möchte bitte auch eine Umarmung‘. Die Tochter ging zur Mutter und sie umarmten sich auch. Meine Nachbarin erhielt auch noch eine Umarmung. Es war ein sehr schöner Moment für mich dies so mitzuerleben.

Als wir uns voneinander verabschiedeten hiess es, es seien wichtige Themen angesprochen worden und wir waren uns einig, dass es wichtig ist, seine Gefühle und Bedürfnisse zu äussern sowie um ‚etwas‘ Passendes zu bitten.